Lavinia
"Es dauert nicht lang, versprochen!" Versicherte ich meiner Schwester und musste lächeln. Das gehörte einfach zu den Dingen, die sie nie verstehen würde. Giulia kehrte mit einem Kleid aus dunkelblauer, fließender Seide zurück, das mich irgendwie an Wasser erinnerte. Ich seufzte. Venedig fehlte mir sehr. Zuhause waren meine Zimmer in dem Teil des Palazzos gelegen, der am Wasser lag. Ich vermisste das ständige Geräusch des Wassers, wahrscheinlich auch ein Grund, warum ich nicht schlafen konnte. Ich stand auf und folgte ihr hinter einen Paravent. "Leonardo?" fragte ich, als ich mir das Kleid überstreifte. "Hm?" hörte ich meinen Bruder antworten. "Worin genau besteht eigentlich dein Auftrag?" Leonardo seufzte, beantwortete dann aber bereitwillig meine Frage. "Du hast doch von der Hinrichtung der Auditore gehört, oder? Das war noch vor der Pazzi-Verschwörung." Nachdem ich endlich angezogen war, setzte ich mich wieder vor den Spiegel, während Giulia begann, meine Haare zu bürsten. "Ja natürlich, wer hat nicht davon gehört? Und weiter?" fragte ich neugierig. "Tja, Gonfaloniere Alberti war unvorsichtig und vergaß einen der Söhne, Ezio. Hat ihn sein Leben gekostet. Der selbe, der auch die Pazzi erledigt hat." Ich verzog das Gesicht. Ich wusste, dass wir mit den Pazzi alliiert gewesen sind, aber ich hatte sie trotzdem nie gemocht. Francesco de'Pazzi war ein eingebildeter und unfähiger Idiot gewesen, und sein Sohn Vieri war sogar noch schlimmer. Und dank ihnen durfte ich jetzt Giuliano heiraten. Vielen Dank auch! "Wie dumm vom Gonfaloniere! Aber mein Mitleid für die Pazzi hält sich in Grenzen. Und inwiefern ist das für deinen Auftrag relevant?" Mein Bruder seufzte schon wieder. " nur keine Ungeduld Sorellina, das wollte ich gerade sagen. Also, die Medici versuchen seit dem Tod Albertis, bestimmte Dokumente in ihre Hände zu bekommen. Dokumente, die für uns äußerst wichtig sind. Seine Frau hat bis heute dafür gesorgt, dass niemand sie zu sehen bekommt, aber bald findet siebkeine Ausflüchte mehr. Und deswegen soll ich sie jetzt abholen." Ja, das ergab Sinn. Als meine Frisur fertig war, stand ich auf. "Von mir aus können wir gehen!" meinte ich und warf einen kurzen Blick aus dem Fenster. Es regnete in Strömen. Ich stieß einen genervten Seufzer aus und griff nach meinem schwarzen Mantel. "Da soll noch jemand sagen, dass es in Venedig viel regnet!"